Konzept der Bonner Fahrradschule für Kinder
Die Bonner Fahrradschule für Kinder ist ein flexibles und dynamisches Konzept für Anfänger und Fortgeschrittene. Das Konzept wurde von Lilo Franzen, der Gründerin der Ganzheitlichen Entwicklungs-, Bewegungs- und Lernförderung, entwickelt. Es basiert auf einem bundesweit einzigartigen sensomotorischen Konzept und wurde seit 1996 im Drahtesel in Form von 3-tägigen Block-Kursen und Projekten für unbedarfte Anfänger ab 4 Jahren und für fortgeschrittene Kinder ab 6 Jahren durchgeführt. Das Konzept orientiert sich an den jeweiligen Voraussetzungen und Möglichkeiten der TeilnehmerInnen und legt den Fokus auf eine multisensorische Herangehensweise. Der Roller, Vorläufer des heutzutage weitverbreiteten Laufrads, Aufmerksamkeitsschulung für die eigene Umgebung und auch taktile Sensibilität helfen den Kindern alle Elemente ihrer Koordination und Aufmerksamkeit zu schulen, die Ihnen das Radfahren ermöglichen und sicherer machen. Es gibt weder Leistungsdruck noch Fehlersuche. So entstehen immer wieder neue Abenteuerparcoure für Roller und Fahrrad. Mottos wie Mobil und sicher von Anfang an, Lernen mit Spaß, gemeinsames Erleben und Fairness sind wesentliche Tragsäulen der Fahrradschule.
In der Fahrradschule stehen Bewegungserfahrungen und geförderte Wahrnehmungsentwicklung an erster Stelle. Ziel der Fahrradschule ist eine verbesserte Reaktions- und Bewegungsfähigkeit im Sinne von Verkehrssicherheit. “Eltern und Kinder bestätigen mir immer wieder persönlich die außergewöhnliche Sicherheit im Umgang mit dem Fahrrad, welche sie als wertvollste Erfahrung aus unseren Kursen mitnehmen konnten.” so Lilo Franzen.
Wie lernen Kinder Fahrradfahren?
Generell ist es wichtig kindgerechte Möglichkeiten zu erschaffen und im Rahmen von Bewegungserziehung dauerhaft mehr Bewegung in den statischen kindlichen Alltag zu bringen. Denn hier ermöglicht die rechtzeitige und richtige Schulung die Hinführung zu einem wirklich sicheren Umgang mit Roller und Rad. Kinder, die morgens viel zu lange in der Schule und nachmittags stundenlang vor Fernseher oder PC sitzen, brauchen heute immer wieder vielfältige und spielerische Wahrnehmungs- und Bewegungsangebote, da der normale Alltag solche Erfahrungen bei weitem nicht mehr in ausreichendem Maß bietet.
Lilo Franzens Rat: “Kinder sollten heute schon sehr früh mit den verschiedensten Fahrzeugen wie Roller, Laufrad und Fahrrad, aber ohne Stützräder!!! im geschützten autofreien Raum Erfahrungen ohne Frust aber mit Lust sammeln dürfen, um später in realen Verkehrssituationen auch wirklich rasch und sinnvoll reagieren zu können.” Vor allem eine ausgiebige Lernphase auf dem Roller hilft, wie neuere Studien belegen, Unfälle zu vermeiden und fördert grobmotorische Fähigkeiten, Bewegungskoordination und den Gleichgewichtssinn der Kids, also grundlegend notwendige Fähigkeiten als unumgängliche Basis für eine gesunde und wirklich ganzheitliche Entwicklung.
Auszug aus einer Leseprobe des Buches Familien-Fahrrad-Buch von Gunnar Fehlau und Caspar Gebel. Hier geht’s zum vollständigen Originaltext des Interviews: FamilienFahrradbuch PDF.
Die entscheidenden Fragen für Eltern sind:
- Wie mutig und geschickt ist mein Kind?
- Wie reaktionsschnell und sicher ist es im Alltag, wenn es sich bewegt?
- Hat es Spaß an der Bewegung und an Fahrzeugen, oder ist es ängstlich und unsicher?
Gut entwickelte motorische Fertigkeiten sind für erfolgreiches Radfahren lernen viel entscheidender als das Alter und die Größe des Kindes. Gehen Sie die Stufen der kindlichen Entwicklung durch und wählen Sie das nächste Fahrzeug erst, wenn ihr Kind die vorhergehende Stufe ausgiebig erfahren und üben konnte. Beginnen Sie mit dem Laufrad, dann folgt auf jeden Fall der Roller und erst dann ein verhältnismäßiges kleines Lernrad – aber bitte ohne Stützräder! Parallel erlaubt sind Dreirad, Gokart und Trampel-Traktor. Alle Kinderfahrzeuge sollten kindgerecht und qualitativ hochwertig verarbeitet sein, damit das Lernen wirklich Spaß macht. Wählen Sie ein Fahrradfachgeschäft, in dem Sie kompetent, ausführlich und kindgerecht beraten werden. Lassen Sie sich und ihrem Kind Zeit. Entschleunigen Sie das Lernen. Leistungsdruck ist kontraproduktiv!
In 12 Schritten zum sicheren Radfahren
Auszug aus Rauf aufs Rad! (Leben & Erziehen 04/2009; Interview mit Lilo Franzen)
Jetzt ist die ideale Zeit für einen Fahrrad-Ausflug ins Grüne. Ob ihr Sohn oder Ihre Tochter dabei begeistert mitmacht, entscheiden Sie mit. Denn viel hängt davon ab, wie Kinder Rad fahren lernen. Unsere Expertin Lilo Franzen sagt, worauf es dabei ankommt.
1. Spaß an der Bewegung: Hüpfen, springen, balancieren, schaukeln, klettern, schlittern: Je mehr und je vielfältiger kleine Kinder sich bewegen, desto besser entwickeln sich ihr Gleichgewichtssinn, ihr Raumgefühl und ihre Körperkoordination. Lilo Franzen: „Gut, wenn Eltern so oft wie möglich mit ihnen auf dem Spielplatz und in der Natur unterwegs sind und sie dort toben lassen.“
2. Früh üben lassen: Rad fahren lernen beginnt lange vor dem ersten Kinderrad: Auf einem Rutscher-Auto (Bobby-Car) üben die Kleinen, verschiedene Aufgaben gleichzeitig zu erledigen (abstoßen und lenken) sowie Hindernisse zu umfahren. Auf einem Dreirad trainieren sie die typischen Tretkurbelbewegungen und stärken die Beinmuskulatur. Laufrad und Roller sind eine ideale Vorschule für das Radfahren. „Auf allen Fahrzeugen sammeln Kinder wichtige Erfahrungen mit dem Raum, Geschwindigkeit und Bremswegen“, sagt Lilo Franzen.
3. Laufrad zum Üben: Für Eltern, die kein Laufrad kaufen wollen, hat Professor Dr. Volker Briese, ehrenamtlicher Fachreferent für Verkehrspädagogik beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC), einen guten Tipp: „Verwandeln Sie durch Abschrauben der Pedale das Fahrrad in ein Laufrad. Kann ihr Kind sicher damit umgehen, schrauben Sie die Pedale wieder an und das Kind wird nach wenigen Versuchen Rad fahren.“
4. Die richtige Größe: Ein Kinderfahrrad muss passen, sonst ist der Spaß an der Bewegung schnell verflogen. „Die ideale Fahrradgröße für Fahranfänger im Kindergartenalter liegt bei 12 bis 18 Zoll – je nach Größe und Geschicklichkeit des Kindes“, sagt Lilo Franzen. „Lieber die kleinere Größe wählen, denn damit fährt das Kind sicherer und lernt leichter.
5. Ohne Stützräder: Experten raten von Stützrädern schon lange ab. Sie verhindern, dass Kinder die richtige Kombination von Treten, Lenken, Bremsen und Gleichgewichthalten lernen. „Und sie sind gefährlich, wenn eine Seite über die Bordsteinkante oder in ein Schlagloch absackt“, sagt Prof. Dr. Volker Briese. Außerdem gewöhnen sich Kinder bei Stützrädern eine falsche Kurvenlage an und verlagern ihr Gewicht nach außen anstatt nach innen. Gefährlich ist zudem, dass Rädchen mit Stützrädern auch rückwärts rollen können.
6. Ausgeschlafen sein: Satt, ausgeschlafen und bei guter Laune – so lernt man radeln. Am späten Freitagnachmittag nach einer anstrengenden Woche sind weder Eltern noch der Nachwuchs in Bestform. Ein besserer Termin wäre zum Beispiel samstags um 11 Uhr, wenn die Eltern noch geduldig und die Kinder topfit sind.
7. Runter von der Straße: Gleichgewicht halten, lenken, anhalten, auf- und absteigen – da sind Kinder gefordert. Deshalb sollten sie diese motorischen Fähigkeiten in sicherem Umfeld erlernen können. Das gilt auch für die ersten Übungsfahrten auf dem Rad: immer unter Aufsicht der Eltern auf Plätzen ohne Verkehr.
8. Karnickelgriff: Das Anfahren ist für viele Kinder das Schwierigste, weil sie erst ihr Gleichgewicht finden müssen. Wenn die Kleinen wie mit dem Laufrad loslaufen und erst bei ausreichender Geschwindigkeit die Füße auf die Pedale setzen und selbst treten, klappt es meist. „Sehr gute Erfahrungen habe ich mit dem sicheren „Karnickelgriff“ an der Kleidung im Nacken gemacht“, sagt Lilo Franzen. „Das Kind wird dabei nicht geschoben, sondern unterstützt. Denn treten muss es natürlich immer noch selbst.“
9. Blick nach vorn: Ihr Kind bleibt im Gleichgewicht, wenn sein Oberkörper, sein Kopf und sein Blick in die Fahrtrichtung weisen. Lilo Franzen erklärt: „Sehr hilfreich dafür ist es, wenn das Kind immer wieder auf ein nicht fest installiertes Ziel – wie etwa einen Pappkarton – zufahren kann, den es vor sich sieht.“ Dann fällt es dem kleinen Radler leicht, immer nach vorne zu schauen.
10. Bremsen erlauben: Um bei Gefahr richtig reagieren zu können, muss das Kind reflexartig in jeder Fahrsituation sicher und kontrolliert bremsen können. Lassen Sie ihr Kind anfangs ruhig seine Vollbremsungen machen und schimpfen Sie nicht, dass der Reifen abgefahren werden könnte oder dass gar die Schuhsohlen leiden könnten.
11. Übung muss sein: Sobald das Kind sicher fährt, sollten Sie das Radeln in Ihr Alltagsleben einbauen: Wenn Sie joggen, kann ihr Kleines neben Ihnen radeln. Oder der sonntägliche Familienspaziergang wird für den Nachwuchs zum Radausflug.
12. Selbst fahren! Auch beim Radeln gilt: Das beste Vorbild sind die Eltern. Wer selbst oft mit dem Rad (und dem Nachwuchs im Kindersitz oder Anhänger) unterwegs ist, weckt damit das Interesse der Kleinen am Radeln. Lilo Franzen: “Das ist immer noch der wirksamste Motor, möglichst bald selbst das Radfahren zu lernen.“